Herzchirurg Prof. Wollert geht in Ruhestand

Prof. Dr. med. Hans-Georg Wollert, Direktor der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie, etablierte moderne Herzchirurgie in Karlsburg

Prof. Dr. med. Hans-Georg Wollert geht. Nach fast 25 Jahren am Klinikum Karlsburg verabschiedet sich der hoch geschätzte Herzchirurg und Direktor der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie in den Ruhestand. „Prof. Dr. med. Hans-Georg Wollert hat als ein sehr kompetenter, unheimlich verlässlicher Kollege, der unprätentiös agierte, beispielhaft Maßstäbe gesetzt. Er wirkte als Herzchirurg entscheidend mit, dass sich Karlsburg früh den interventionellen, minimal-invasiven OP-Methoden zuwandte“, erklärte Prof. Dr. med. Wolfgang Motz, Ärztlicher Direktor des Klinikums Karlsburg auf der Feierstunde zur Ehrung seines Stellvertreters. Prof. Dr. Wollert habe für die Region Großartiges geleistet und dazu beigetragen, dass der kleine Ort Karlsburg in Vorpommern, in dem der Herzchirurg selbst auch heimisch wurde, weit in die Welt hinaus ausstrahlt.

Der aus Halle/Saale stammende Mediziner, der an der Martin-Luther-Universität Halle studierte, promovierte, habilitierte und mit bereits 32 Jahren Kommissarischer Direktor der Klinik für Herzchirurgie der Universität Halle-Wittenberg wurde, kam über eine kurze Station in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) im Jahr 1995 nach Karlsburg. Er begann als Oberarzt der Herzchirurgie unter Leitung des damaligen Klinikchefs und Herzchirurgen Prof. Dr. Lothar Eckel, der aus Frankfurt am Main in den Norden nach Karlsburg gewechselt war. Am Standort des bekannten Diabeteszentrums nahe Greifswald wurde auf Initiative des Hamburger Chirurgen Dr. Gerhard Guth ein modernes Herzzentrum aufgebaut, um die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen zu können. Das Herzklinikum wurde 1996/97 in mehreren Bauabschnitten übergeben.

Herzchirurg Prof. Wollert geht in Ruhestand
Prof. Dr. med. Hans-Georg Wollert hat viel für Süd-Vorpommern getan.
(Foto: © Klinikum Karlsburg)

„Es war eine spannende Zeit des Aufbruchs. Damals wurden Herzpatienten übergangsweise in OP-Sälen operiert, die sich in Containern auf der grünen Wiese befanden“, erinnert sich Prof. Wollert. „Wir nahmen uns der Herzpatienten an, jedes individuellen Schicksals. Es war eine große Herausforderung.“ Auch, weil es in der Region kaum Pflegepersonal für den OP-Bereich und die Intensivmedizin gab. Kurzentschlossen ließen sich Schwestern aus dem Diabetesbereich umschulen. „Dieses Miteinander zum Wohle der Patienten hat das Team in Karlsburg geprägt“, erzählt Wollert. Viele, die damals Pionierarbeit leisteten, blicken heute auf jahrzehntelange Klinikerfahrung. „Es ist ein großes Glück, wenn man mit Menschen arbeitet, auf die man sich verlassen kann.“

Im Jahr 2009 übernahm Prof. Wollert die Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßmedizin als Direktor. Mit 15 ärztlichen Mitarbeitern deckte er in der Folgezeit das gesamte chirurgische Spektrum der Herz- und Gefäßchirurgie (außer Transplantationen) ab. Als Spezialist für Gefäßchirurgie reizte ihn besonders die Behandlung von Aortenaneurysmata (gefährliche Gefäßausweitungen). „Komplizierte Prozeduren“ seien sein Ding gewesen, erzählt Wollert. Früh erkannte er auch die Chancen, die sich in der Zusammenarbeit von Herzchirurgie und Kardiologie entwickelten. Gemeinsam mit dem Kardiologen Oberarzt Dr. Ronald Bittner schaute er sich in anderen Kliniken um, bevor er 2009 begann, die ersten Aortenklappen per Katheter (TAVI) zu implantieren. Bereits ein Jahr später wurden mit der Eröffnung eines hochmodernen Hybrid-OP-Saals die optimalen Bedingungen für diese komplexen Eingriffe geschaffen. Inzwischen gehört Karlsburg mit insgesamt 2100 Aortenklappenstents zu den deutschen Zentren mit den größten Erfahrungen auf diesem Gebiet, ist die Herzklinik als TAVI-Zentrum zertifiziert. „Wir sind ein eingespieltes TAVI-Team, verstehen uns ohne Worte. Es läuft professionell“, sagt anerkennend Kardiologe Bittner. Und Prof. Wollert ergänzt: „In Karlsburg reden wir nicht nur vom Heart-Team, wir leben es. Ob Herzchirurg, Kardiologe, Anästhesist oder Intensivmediziner – alle haben allein das Wohl des Patienten im Blick. Jede Therapie ist individuell zugeschnitten.“ Erfolgreich hat das Team um Prof. Wollert in Karlsburg auch das Kunstherzprogramm installiert. Seit 2013 erhielten ca. 75 Patienten ein Herzunterstützungssystem als Alternative zur Herztransplantation. Das Klinikum Karlsburg hat sich mit dem breiten Therapieangebot für Menschen mit chronischer Herzschwäche, einem weit verbreiteten Krankheitsbild, einen Namen gemacht. Schaut der erfahrene Herzspezialist Wollert auf die vergangenen Jahre zurück, hat sich in der Herzmedizin vieles extrem verändert, von der Diagnostik bis hin zu den Therapien. In Spitzenzeiten gab es in Karlsburg jährlich 1100 Operationen mit Herz-Lungen-Maschinen, heute sind es 650 solcher Eingriffe am offenen Herzen. Das sage jedoch nichts über die Zukunft der Chirurgie, lächelt er. Schon vor 20 Jahren sei geunkt worden, dass die Herzchirurgie vor dem Aus stünde. „Im Notfall kann ein Schnitt Leben retten“, betont Wollert. Er sieht fließende Grenzen zwischen den Fachgebieten Chirurgie und Kardiologie und neue medizinische Möglichkeiten entstehen.

Frau Dr. Bahr überreicht das „Grüne Rezept“ für den Ruhestand
Frau Dr. Bahr überreicht das „Grüne Rezept“ für den Ruhestand
(Foto: © Angelika Heim)

Die Liebe zum Beruf hat ihn nie losgelassen. Wollert erinnert sich an das Schlüsselerlebnis: „Ich stand als Student am OP-Tisch und sah das mit Hilfe einer Herz-Lungen-Maschine stillgelegte Herz im offenen Brustkorb eines Menschen. Plötzlich begann es wieder zu schlagen. Wie ein Wunder. Ich änderte alle meine Pläne und wurde nicht Biochemiker, sondern Herzchirurg.“ Wenn er zum Jahresende 2019 in den Ruhestand geht, dann mit dem guten Gefühl, in seiner Klinik „alles in den besten Händen“ zu wissen. Er möchte seiner Frau Angelika etwas von dem zurückgeben, was sie lange bereit war, für ihn zu tragen. Als Kardiotechnikerin stand sie in der Klinik oft an seiner Seite und war zu Hause der stabilisierende Pol. Beide wollen nun, im 30. Jahr verheiratet, gemeinsam viel Zeit im großen Garten in Zarnekow verbringen.

Nachfolger stellte sich am 2. Januar 2020 im Klinikum Karlsburg vor

Die Nachfolge für Prof. Dr. med. Hans-Georg Wollert als Direktor der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie tritt mit Jahresbeginn 2020 Privatdozent Dr. med. Alexander Kaminski an. Er wurde 1972 in Templin in der Uckermark geboren, studierte von 1991 bis 1997 Humanmedizin in Rostock, wo er 2001 promovierte und 2011 habilitierte. Seine Facharztausbildung absolvierte er in München. Zuletzt arbeitete der Herzchirurg als Oberarzt und später Leitender Arzt an der Universität in Rostock und leitete die Dependance Herzchirurgie in Schwerin. Er wurde am 2. Januar im Klinikum Karlsburg offiziell begrüßt.

Dr. Alexander Kaminski
Privatdozent Dr. med. Alexander Kaminski tritt die Nachfolge als Direktor der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie an.
(Foto: © Klinikum Karlsburg)